Im Supermarkt sehe ich dicht aneinander gedrängt die Kiwis liegen. Ich nehme vorsichtig einige zwischen meine Finger, um sie sacht zu drücken. So möchte ich erfahren, wann sie essbar ist. Die meisten sind steinhart und benötigen noch eine lange Zeit, um nachzureifen. Ich finde eine Kiwi, in der das Fruchtfleisch nachgibt unter dem Druck meiner Hand, die Schale fühlt sich an wie rauer Samt.
Bei der Vorstellung, sie gleich zu Hause zu vernaschen, sehe ich ihr grünes Innenleben mit den kleinen schwarzen Körnchen drinnen – sternförmig angelegt – direkt vor mir und spüre den für die Kiwi typisch süß-säuerlich, herben Geschmack auf meiner Zunge. Die leichte Bitterkeit der Frucht lässt mir das Wasser im Mund zusammen laufen. Nun will ich schnell nach Hause, nehme mir noch zusätzlich drei unreife Früchte aus der Obstkiste mit und bezahle alle an der Kasse. In meiner Wohnung angekommen, kann ich es kaum erwarten, diese Exotik zu genießen. Ich schneide die Frucht quer auf, der Saft rinnt mir durch die Finger. Ich schließe die Augen, um ihn mit Innigkeit von diesen zu lecken. Kein Tropfen soll mir entkommen! Dann löse ich mit einem Löffel das Fleisch aus der ersten Hälfte der Kiwi, schiebe es mir in den Mund.
Plötzlich befinde ich mich an einen weißen Strand, der vor Hitze zu glühen scheint. Das türkisfarbene Wasser tanzt in kleinen Wellen auf ihm. Wolkenloser, strahlend blauer Himmel, dezente Musik im Hintergrund von einem kleinen Stand, an dem man sich ein köstliches Getränk in einem Glas mit Zuckerrand und einer daran befestigten Orangenscheibe holen kann. Das leichte Knacken der kleinen Kerne zwischen meinen Zähnen lässt mich zurückkehren in die Wirklichkeit. Ein Kurzurlaub im Süden, ausgelöst durch EINE Kiwi, von der ich gleich auch noch die andere Hälfte genießen werde. Was für eine Kraft in so einer kleinen Frucht steckt. Unglaublich!